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von Ahmet Iscitürk

Wir haben einige unserer Klienten gebeten, ihre absurdesten Erfahrungen aus dem Bereich „Seminar & Fortbildung“ mit uns zu teilen. Das Ergebnis ist unheimlich witzig und zugleich schockierend. 

 

Wichtige Informationen

vorweg:

Die Befragten wollten anonym bleiben, um kein schlechtes Licht auf Vorgesetzte zu werfen, die solche Fortbildungsmaßnahmen schließlich in guter Absicht veranlassen. Die Seminarmethoden offen zu kritisieren, könnte das Urteilsvermögen des Brötchengebers infrage stellen. Zudem bestünde die Gefahr, als beratungsresistenter Nörgler wahrgenommen zu werden, der überhaupt nicht daran interessiert ist, sich weiterzuentwickeln. Genau das ist der Grund, warum sich derartige Veranstaltungen weiterhin großer Beliebtheit erfreuen. In der Regel berichten selbst unzufriedene Seminar-Teilnehmer überwiegend positiv, in der Hoffnung, den Erwartungen ihrer Vorgesetzten zu entsprechen. Die Wahrheit erfährt man nur hinter vorgehaltener Hand und damit wären wir bereits bei den unverblümten Erfahrungsberichten.

Im Baumhaus

auf Kuschelkurs

„Ich habe mich wirklich auf das Wochenende gefreut und es ist ein echtes Zeichen der Wertschätzung, wenn dir dein Boss so einen teuren Kurs spendiert. Im Endeffekt saß ich dann zwei Tage lang mit anderen Vertrieblern in einem Baumhaus, um zu lernen, wie man die eigenen Bedürfnisse richtig zur Sprache bringt. Beim Abendessen gab es den Running Gag, dass wir alle sofort wieder abreisen könnten, wenn wir doch nur wüssten, wie man diesen Wunsch korrekt formuliert. Als ein Kollege gefragt wurde, wie er die Erfahrung wahrgenommen hat, fehlten ihm die Worte. Ich habe ihn gerettet und die intensive Gruppendynamik gelobt, die durch die befreiende Enge des Raums entstand.“ 

Das Wunder

der Körpersprache

„Es waren zwei schrecklich lange Tage mit Verhandlungsführung als Schwerpunkt. Um ein Lob des Seminarleiters zu erhaschen, musste man ihm einfach nur mit verschränkten Armen gegenübersitzen und laut ‘Nein′ sagen. Quasi um verbal und durch Körpersprache unmissverständlich den eigenen Standpunkt zu unterstreichen. In der Gruppenübung saßen sich dann ausschließlich Neinsager mit verschränkten Armen gegenüber. Völlig bescheuert! Zum Abschluss gab es für jeden Teilnehmer eine wertlose Pseudo-Urkunde und mein Chef hat von mir tatsächlich verlangt, dass ich diese im Büro aufhänge.“ 

 

Betreutes Saufen

in ansprechender Atmosphäre

„Bei mir waren es mehrere Seminare und eigentlich kann ich mich nur noch daran erinnern, dass tagsüber harmlose Gruppenspielchen und abends Saufgelage stattfanden. Die Saunalandschaft und das kulinarische Angebot habe ich besonders positiv in Erinnerung. Ob auch mein Arbeitgeber davon profitieren konnte? Das wage ich zu bezweifeln. Die 2000 € plus Reisekosten hätte er definitiv sinnvoller anlegen können.“ 

Ein Paradies für

Alpha-Männchen

„Ich fühlte mich die ganze Zeit über völlig fehl am Platz. Das hat nichts mit meinem Geschlecht zu tun, denn einige der männlichen Teilnehmer fanden das Seminar ebenfalls unangenehm. Der Trainer wirkte, wie die Karikatur eines Autohändlers aus den Achtzigern und dementsprechend steinzeitlich fiel seine Botschaft aus. Man müsse ein rücksichtsloses Alpha-Tier sein und sich einfach nehmen, was man möchte. Kritische Mitarbeiter bezeichnete er als schwache Tiere, die die Herde gefährden und deshalb sofort unschädlich gemacht werden müssen. Das war Realsatire vom Allerfeinsten.“ 

 

Wir haben noch einige dieser haarsträubenden Erfahrungsberichte auf Lager und denken darüber nach, eine wöchentliche oder monatliche Artikelserie daraus zu machen. Falls auch Du etwas zu diesem Skurrilitätenkabinett beitragen möchtest, sende uns einfach eine private Nachricht oder hinterlasse einen Kommentar. 

 

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