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Wenn ich könnte,

würde ich jeden Tag Homeoffice machen.

Wenn ich eines sicher von mir behaupten kann, dann, dass ich ein waschechter Homeoffice-Anhänger bin. Vielleicht weil ich der Generation entspringe, für die Homeoffice ein wichtige Voraussetzung für Mitarbeiterzufriedenheit ist. Vielleicht aber auch, weil ich als kreativer Mensch meine Arbeit nicht immer auf Knopfdruck machen kann und dazu etwas Muse benötige. Und vielleicht aber auch, weil ich einfach eine sehr freiheitsliebende Zeitgenossin bin. Kurzum: Wenn ich könnte, würde ich einfach jeden Tag im Homeoffice bleiben.

Dachte ich zumindest. Doch dann kam die Krise. Und mit ihr die dunklen Seiten des Homeoffice. Die Seiten, über die keiner schreibt oder fancy Stockbilder dazu macht.

#startyourdayright:

super-healthy und motiviert.

06.00 Uhr: Mein Wecker reißt mich aus dem Schlaf. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht und ich hüpfe gut gelaunt aus dem Bett, direkt in die Sportklamotten. Kurze Guten-Morgen-Jogging-Runde, dann duschen, ein super-healthy Frühstück, dazu die neuste Ausgabe des BusinessPunk. #startyourdayright

Anschließend super-kreatives und produktives Arbeiten, bis um 10 Uhr der Skypecall mit den Kollegen ansteht. Danach leichtes LowCarb-Mittagessen und Studium. Abends noch eine Runde spazieren, virtuelles Weintrinken mit Freunden und zufrieden ins Bett fallen.

Richtig, das ging vielleicht ein, zwei Wochen gut. Empfindliche Leser sollten an dieser Stelle aufhören zu lesen. Denn was jetzt kommt, ist meine persönliche und ungeschönte Homeoffice-Geschichte…

Schlummertaste

und Käsetoast richten das schon…

06.00 Uhr Mein Wecker reißt mich aus dem Schlaf. Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln mein Gesicht. Welcher Blödmann hat gestern Abend vergessen, die Vorhänge zuzuziehen? Egal, Schlummertaste drücken und nochmal umdrehen ist noch drin.

07.42 Uhr Schlummertaste erfolgreich 152-mal gedrückt. Zum Joggen ist’s jetzt eh auch zu spät. Sind schon alle anderen Jogger und Gassigeher unterwegs. Erstmal Facebook, Insta & Co. checken.

08.20 Uhr Langweilig. Eure super-healthy Powerbowls zum Frühstück kotzen mich an. Genauso Euer bescheuertes Quarantine-Yoga. Hilft ja alles nichts, ich schäle mich aus dem Bett und stolpere zur Kaffeemaschine. Nebenher bugsiere ich den (zugegeben, schon viel zu alten) Toast aus der Gefriertruhe in den Toaster. Viel Butter und Käse richten das schon. Quasi in einem Atemzug schiebe ich den Toast in meinen Mund und schaue nebenher die Serie weiter, bei der ich gestern Abend eingeschlafen bin.

09.00 Uhr Anziehen und Zähne putzen? Ach, wir haben ja eh nie die Kameras beim Skypemeeting an. Mit der mittlerweile dritten Tasse Kaffee zwänge ich mich im Schneidersitz auf meinen Bürostuhl und starte meinen Laptop. Keine Ahnung, was heut eigentlich ansteht…

09.10 Uhr Erstmal Facebook, Insta & Co. von COCOMIN checken. Mails lesen. Bilder für Posts raussuchen.

09.50 Uhr Erneutes Schrillen meines Weckers reißt mich zurück in die Realität. Mist, noch nichts fürs Meeting vorbereitet. Panisch durchforste ich meine alten Notizen, um herauszufinden, über was ich gleich berichten muss.

10.00 Uhr Da wir erst vorgestern ein Meeting hatten, besteht das heutige überwiegend aus dem Satz „Joa, puuhh, seit vorgestern hat sich bei mir eigentlich nicht viel verändert.“ Mühsam versuche ich meinen Kollegen zuzuhören, während ich überlege, was es heute eigentlich zu Mittag geben wird.

11.00 Uhr Das Meeting ist beendet, ich bin voller Motivation, die neuen Aufgaben anzugehen. Aber erst stelle ich kurz noch eine Maschine Wäsche…

12.00 Uhr Auf dem Weg von der Waschmaschine fällt mir unterwegs ein, dass ich im Kühlschrank Milch verschüttet habe, die dringend aufgewischt werden sollte. Mist, schon 12. Wird Zeit fürs Mittagessen. Der Kühlschrank gibt definitiv kein leichtes Low-Carb-Mittagessen her. Ach und Einkaufen ist jetzt auch irgendwie doof. Man soll ja darauf verzichten, das Haus zu verlassen. Habe heute außerdem noch viel für die Arbeit zu erledigen. Ich frage mich, wie meine Kollegin Sina das schafft. Haushalt, Homeoffice und Homeschooling. Naja, das Glück ist mir hold, wohne ich doch über einer Pizzeria. Ich muss nicht mal das Haus verlassen, um eine frische, feine Steinofenpizza zu bekommen. Außerdem soll man die lokalen Gastronomen in diesen besonderen Zeiten ja unterstützen.

Nur mal kurz…

den Tag verschwenden.

13.00 Uhr Mist. Das war jetzt ein bisschen zu viel Pizza. Ein kleiner Verdauungsschlaf kann nicht schaden. Danach geht’s dann aber frisch ans Werk.

15.00 Uhr Ohjee, verschlafen. Kurzes Käffchen und ein Blick in die Nachrichten, was da draußen in der Welt passiert.

15.30 Uhr Jetzt wird aber mal konzentriert und konsequent gearbeitet.

17.30 Uhr Wird bald Zeit fürs Abendessen. Der Kühlschrank ist immer noch nicht voll. Ich durchforste meinen Vorratsschrank und stelle mit Entsetzen fest, dass ich wohl Lebensmittelmotten in den Kokosflocken habe. Iiiiiih! Der Schrank muss sofort ausgeräumt und ausgewaschen werden!

19.00 Uhr Das Glück ist mir erneut hold! Habe eine Tütensuppe gefunden, die noch nicht abgelaufen ist.

19.30 Uhr Um mich in kreative Stimmung zu bringen, setze ich mich mit einem Glas gekühlten Weißwein wieder vor den Laptop und… starre die unschuldig weiß leuchtende Word-Seite an. Ich bekomme keinen geraden Satz geschrieben. Das kann doch nicht sein!

20.00 Uhr Ein bisschen Ablenkung wird mir helfen, die richtigen Worte zu finden. Nur kurz eine Folge der Serie gucken.

22.30 Uhr Desorientiert und in unbequemer Position komme ich in meinem Lesesessel wieder zu mir. Mist, eingeschlafen. Etwas verwirrt setze ich mich wieder vor den Laptop und versuche weiterzuarbeiten.

23.00 Uhr Ich geb‘s auf. Das schreibt ein Grundschüler besser. Ist wohl das Beste, ins Bett zu gehen und morgen weiterzumachen.

23.30 Uhr Knallwach, als wäre ich einen Marathon gelaufen, liege ich im Bett und schaue die nächsten 2 – 75 Folgen der Serie.

04.00 Uhr Oh, bin ich etwa eingeschlafen? Jetzt aber Serie aus, Licht aus, Wecker ein. In zwei Stunden geht’s wieder los! Dieses Mal aber wirklich motivierter und effektiver!

Meine Lektion

aus der Krise.

Nur um Euch zu beruhigen: Nicht alle Tage im Homeoffice während des Lockdowns waren so chaotisch. Aber ich muss zugeben, einmal nicht aufgepasst und ich war schnell in einem ungesunden Trott, der weder mir, noch meiner Arbeit gut tat.

Nachdem ich mir eingestanden hatte, dass es okay ist, in solch ungewöhnlichen Zeiten mal einen Durchhänger zu haben (den ich ehrlich gesagt zwischendurch ziemlich zelebriert habe), ging’s dann aber auch wieder besser. Ich habe erkannt, dass ich nach wie vor ein überzeugter Homeoffice-Anhänger bin, vorausgesetzt, ich halte mich an ein paar einfach Regeln. Von denen erzähle ich Euch aber erst im nächsten Beitrag. Wie dem auch sei: Ich habe meine Lektion aus Corona defintiv gelernt.

1 Comment

  • Thomas Krytzner
    Posted 15. Juni 2020 16:38 0Likes

    Super! Das Erlebte ist so authentisch wie humorig und kurzweilig erzählt. Man kann gewisse Dinge und Gedanken direkt mitfühlen. Macht Laune, mehr davon zu lesen. 🙂

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