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Das Johari-Fenster

erklärt, wie Menschen wahrnehmen.

Kennst Du Dich eigentlich genau? Reagierst Du immer so, wie Du es von Dir selbst erwartest? Oder entdeckst Du manchmal Seiten, die Du bisher noch gar nicht an Dir kanntest?

Nicht nur in Krisen entdecken wir auch uns selbst immer wieder neu. Anderen geht es mit uns nicht anders. Sie haben ein festes Bild von uns. Vielleicht sind wir bei ihnen in einer speziellen Schublade abgelegt. Dennoch können wir sie überraschen. Mit der Art, wie wir reagieren oder wie wir etwas finden. Wie wir eben so sind.

Ein Modell zur Erklärung solcher Mechanismen ist das Johari-Fenster – ein beliebtes Instrument zur Erklärung der Wahrnehmung von Menschen. Die Welt wird – wie oft bei solchen Modellen – in vier Quadranten aufgeteilt. Wie ein Fenster mit vier Scheiben eben.

Die Unterteilung

erfolgt in vier Quadranten.

Die Kriterien sind die eigene Wahrnehmung und die Wahrnehmung anderer. Bei beiden gibt es bekannte und unbekannte Verhaltensweisen, die wir zeigen.

Ein Quadrant ist der öffentliche Bereich: Das weißt Du über Dich selbst und andere wissen das auch. Dann gibt es Dinge, die weißt Du zwar über Dich, aber andere nicht: der geheime Bereich. Der dritte Quadrant ist der blinde Fleck: andere wissen Dinge über Dich (wie Du Dich verhältst, was Du an Reaktionen zeigst), die Du selbst nicht weißt. Der vierte Quadrant sei nur der Vollständigkeit halber genannt: im Unbekannten wollen wir hier nicht fischen – das überlassen wir der Tiefenpsychologie.

Was kann ich mit diesen drei relevanten Quadranten nun anfangen, denkst Du Dir?

Der öffentliche Bereich ist im Umgang mit Anderen eine sichere Bank. Hier können Konflikte schwerer eskalieren, hier können Beziehungen gut gepflegt werden. Wenn alle wissen, was sie zu erwarten haben, ist zwar nicht automatisch alles eitel Sonnenschein, aber die Erwartungen sind klarer. Und Klarheit ist die Basis, um sich selbst zu verstehen und auch um sich fair damit auseinanderzusetzen.

Der geheime Bereich,

geprägt von zurückliegenden Verletzungen und Ängsten.

Wenn der geheime Bereich Dir ein Bein stellt, stolpert schnell mal eine Äußerung oder eine Reaktion heraus, die Andere unerwartet trifft. Andere wissen nicht, wie Du zu einem bestimmten Thema denkst – zurückliegende Verletzungen oder Ängste sind ihnen nicht bekannt. Wenn Dein Verhalten, Deine Kommunikation und Deine Reaktionen auf Andere von Dingen aus Deinem geheimen Bereich geprägt sind, bietet sich viel Potential für Missverständnisse und Konflikte. Du wirkst unlogisch oder gar ungerecht – es kann den Anderen nicht klar sein, warum Du so handelst, wie Du handelst.

Natürlich sollst Du Deine tiefsten Geheimnisse nur mit den Menschen teilen, mit denen Du das auch wirklich willst. Doch soweit müssen wir beim geheimen Bereich gar nicht gehen: es gibt Beispiele, die ganz harmlos sind, die wir aber dennoch oft geheim halten. Du sprichst vielleicht ungern vor Menschen, versuchst aber immer das zu verbergen. Du bist vielleicht superungeduldig, nimmst aber immer ganz bewusst und strikt Rücksicht – bis es mal aus Dir herausbricht.

Da liegt das Problem des geheimen Bereiches: wir können nicht immer kontrolliert sein. Emotionen jeder Art können das Geheime in einen Satz einfließen lassen – das kann kein Mensch immer verhindern. Die Stärke liegt darin, sich mitzuteilen. Selbstoffenbarung ist ein großes Wort, aber genau darum geht es: Du schenkst Vertrauen und offenbarst etwas von Dir. Der geheime Bereich wird damit übrigens kleiner und der öffentliche Bereich größer. Du gehst Missverständnissen aus dem Weg, Du machst Erwartungen klarer, Konflikte werden weniger scharf ausgetragen.

Der blinde Fleck

ist der Grund, warum manche Dinge einfach nicht funktionieren.

Der blinde Fleck ist etwas kniffliger. Hier hast Du es nicht in der Hand. Du kannst ja nichts offenbaren, was Du nicht über Dich weißt. Im Umgang mit Anderen kann aber auch der blinde Fleck zu Situationen führen, die Du gern vermeiden würdest. Wenn unbewusste Verhaltensweisen und Reaktionen, die Du selbst nicht steuern kannst, vorkommen. Damit sendest Du womöglich ganz andere Signale als Du eigentlich willst. So wirkst Du zum Beispiel in einem ersten Gespräch vielleicht arrogant, obwohl Du dabei nur etwas aufgeregt bist. Oder die Nachbarin, die denkt, Du schaust mit Absicht weg, dabei bist Du gerade einfach nur in Gedanken.

Du willst bestimmt ganz anders wirken, wunderst Dich manchmal, warum bestimmte Dinge nicht so klappen? Das kann am blinden Fleck liegen. Willst Du diesen Quadranten verkleinern, schaffst Du das nicht alleine. Du brauchst Hilfe von denen, die hier etwas über Dich wissen. Andere beobachten Dein Verhalten, kennen Deine Reaktionen – Du nicht.

Feedback einholen, Feedback zulassen – das ist die Methode, den blinden Fleck zu verkleinern. Du lernst etwas über Dich. Du kannst bewusster mit Deinen Verhaltensweisen umgehen oder auch die Strategie im Umgang mit Anderen anpassen.

Einen Stolperstein gibt es auch hier: Manchen Menschen möchte man nicht vertrauen. Manches Feedback ist nicht willkommen, weil wir vermuten, dass der Andere es nicht gut mit uns meint. Ich rate hier: erstmal Feedback annehmen und sich bedanken – was Du davon umsetzt und daraus machst, bleibt Dir überlassen.

Mit Selbstoffenbarung und Feedback

räumst Du Deine Stolpersteine aus dem Weg.

Mit Selbstoffenbarung und Feedback lässt sich der öffentliche Bereich also vergrößern. Wir können im Umgang mit anderen klarer und berechenbarer werden – und wir können auch viel besser planen, wie wir ankommen und unser Verhalten darauf abstimmen. Schau‘ einmal auf Dein persönliches Johari-Fenster: Welche Stolpersteine lassen sich hierdurch vielleicht erklären? Bekommst Du genug Feedback? Teilst Du etwas von Dir mit?

Ich finde, einen Versuch ist es wert. Viel Spaß beim Ausprobieren!

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